architekt martin kneesch | Architekturbüro Lübeck

Der Krankenhausbau im permanenten Wandel

Welche Herausforderungen ergeben sich im Zuge des Strukturwandels im Gesundheitswesen der Zukunft?

Die Strukturveränderung im Gesundheitswesen

Kein Gebäudetyp in der Architektur unterliegt einer so stetigen Veränderung und Weiterentwicklung wie das Krankenhaus. Woran liegt das?
Es ist die Anlaufstelle akut Hilfe suchender Menschen. Und die Wirkungsstätte hoch spezialisierter Fachleuten unterschiedlichster Fachrichtungen. Deren Infrastruktur ebenso komplex wie vielschichtig ist. Eine Stadt in der Stadt, wenn man so möchte, die niemals schläft.

Man kann sich vorstellen, dass der Krankenhausbau von anspruchsvollen Prozessen und Zusammenhängen bestimmt wird, die oftmals diametral auseinander liegen. Hinzu kommt noch, dass die Ansprüche an funktionalen Abläufen, technischer Ausstattung und Hygiene nirgends so hoch sind wie im humanmedizinischen Gesundheitswesen.

Die daraus entstehenden Ambitionen zur permanenten Veränderung im Krankenhausbau sind aber nicht zuletzt den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft oder dem technischen Fortschritt allein geschuldet, sondern auch dem demografischen Wandel in unserer Gesellschaft. Das Thema einer älter werdenden Gesellschaft wird den Krankenhausbau noch lange begleiten und prägen.

Von der Bedarfserkennung zur Umsetzung

Die meisten Häuser wissen ganz genau, wo sie stehen. Daher ist die Bedarfserkennung oft nicht das Problem, sondern eher die quantitative und qualitative Spezifizierung. Und dies in Kostenrelation. Die Organisation einer solchen komplexen Aufgabe wie den Krankenhausbau, bedarf einer Reihe von Voraussetzungen, die das Klinikmanagement berücksichtigen sollte. Hier sind zwei Untersuchungsstufen zu benennen, die strategische und bauliche Konzeption.

Strategische Konzeption

Um erfolgreich ein Krankenhausbau entwickeln zu können, benötigt es u. a. eine Überarbeitung der Betriebsorganisationskonzepte je Fachabteilung, die aufzeigt welche medizinisch pflegerischen Ziele erreicht werden sollen. Sowie die Bereitschaft, einige betriebliche Benchmarks zu Analysezwecken bereitzustellen, um erste quantitative Qualitäten festlegen und überprüfen zu können.

  • Fall- und Leistungszahlen
  • Schnitt – Naht- und Rüstzeiten
  • Öffnungszeiten und Betriebsdauer
  • Besucher und Mitarbeiterzahlen
  • RTW-Einsatzzahlen
  • Flugbewegungszahlen und Muster
  • Ver- und Entsorgungswerte der Logistik

Diese Daten dienen zur Objektivierung des Entwicklungskonzeptes und zur Validierung des Raumprogramms. Bei der Erstellung des strategischen Konzeptes ist es aber ebenso richtig und wichtig, in einem stetigen Prozess des Dialoges auf die Bereitschaft aller Akteure zu bauen, Kompromisse zu finden und Synergien zu schaffen.

Bei der Auswertung und Aufstellung sowie der Umsetzung dieser Daten fehlt es aber oftmals dem Krankenhausmanagement an fachlicher Expertise oder der objektiven Betrachtung von außen, um neue Lösungsstrategien entwickeln zu können. Daher ist es ratsam, begleitende, kompetente Hilfe von außen hinzuzuziehen.

Bauliche Konzeption

Liegen die zuvor genannten Ergebnisse erst einmal vor, folgt eine Phase der Bestandsuntersuchung und Analyse, abhängig vom jeweiligen Kontext und Aufgabenstellung. Hier offenbaren sich gerade in herkömmlichen Bestandsgebäuden meist einige bauliche und räumliche Defizite, die mit den heutigen Regelwerken nur schwer in Einklang zu bringen sind.

  • Barrierefreiheit
  • Adipositas Patienten
  • Leistungsvermögen der Vertikalerschließung
  • Orientierungspunkte und Infos
  • Brandschutz und Fluchtwege
  • Energetische Ertüchtigungen
  • Empfehlungen des RKI
  • Arbeitsstätten-Richtlinien

In einer zeichnerischen und textlichen Gegenüberstellung von SOLL und IST, können nun die Stärken und Schwächen der einzelnen Funktionsbereiche dokumentiert werden. Sie bildet die Grundlage für die Veränderungsentscheidung und gleichzeitig die Rahmenbedingen für den jetzt anstehenden Entwurfsprozess, da inzwischen feststehen sollte, welche med. Ziele verfolgt werden, welche Art und Anzahl von Räumen erforderlich sind und wie deren Ausstattung beschaffen sein soll. Spätestens an dieser Stelle wird man festgestellt haben, dass der Krankenhausbau kein linearer stringenter Prozess ist.

Perspektiven für das Krankenhaus der Zukunft

Die von der Bundesregierung geplanten Vergütungsveränderungen für die Krankenhausversorgung und die geplante Klimaneutralität werden weitere Themenschwerpunkte der Zukunft im Krankenhausbau sein.

Nach derzeitiger Einschätzung wird sich wohl zwangsläufig eine neue landkreisübergreifend bauliche Struktur etablieren müssen, um den gewünschten Zielsetzungen der Bundesregierung Rechnung zu tragen.

Im besonderen Hinblick auf die noch weitverbreiteten Bestandsimmobilien, die allein räumlich gesehen kaum noch den heutigen funktionalen Ansprüchen genügen, lohnt es sich genauer hinzuschauen. Das Krankenhaus der Zukunft wird sich diesen Herausforderungen stellen müssen, um seine Identität und seinen Standort sichern zu können.

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